Während sich der Markt für Private Equity-Investitionen mehr oder weniger durch Stabilität auszeichnet, zeigen sich im Bereich Venture Capital, also in der Finanzierung junger Technologieunternehmen in der Seed- und Start Up-Phase, rückläufige Tendenzen. Nach aktueller BVK-Statistik ist in diesem Segment das ohnehin schon niedrige Investitionsniveau um rund ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr gesunken, obwohl die Investitionsbedingungen, insbesondere das Potenzial und die Bewertungen, unverändert positiv sind. Darin spiegelt sich die nach wie vor sinkende Anlagebereitschaft in dieser Assetklasse. Doch wie herausfordernd ist derzeit die aktuelle Finanzierungssituation in frühen Unternehmensphasen?
Neben den Ideen hier, auch einfach mal reinhören bei managementradio.de:
Investieren in frühen Phasen: Reine Nervensache! oder
Inkubatoren und Crowdinvesting , vielleicht auch
den Beitrag im VC-Magazin lesen.
Nachdem wir in 2010/11 ein sowohl aus Venture-, als auch Investorensicht gerade in der Frühphase attraktives Umfeld vorgefunden haben, verändert sich in den letzten eineinhalb Jahren die Situation zunehmend und die lässt sich aktuell wie folgt charakterisieren:
- Öffentliche Investoren prägen den Markt zur Finanzierung früher Unternehmensphasen. Die Reaktion der öffentlichen Hand auf das Marktversagen im Frühphasenbereich hat gegriffen; die aktiven Investoren sind weitgehend professionell in der execution und nicht mehr vom klassisch, institutionell privaten Investor zu unterscheiden.
- Gerade in frühen Phasen finden mehr und vom Volumen oft kleinere Runden statt. Das sehe ich durchaus positiv.
- Zunehmend treten die sich stetig weiter professionalisierten Business Angels auf, welche die Gunst der Stunde nutzen. Diese einzelnen Investoren syndizieren auch.
- Ausländische Investoren füllen zunehmend das Vakuum fehlender inländischer Investoren. Deutsche Frühphaseninvestoren gibt es immer weniger.
- Die Lücke zwischen erfolgreicher Pre-/Seed-Finanzierung und den Investoren für die darauf folgende Wachstumsfinanzierung wird zunehmend größer und zu einem Problem für die Unternehmen. Fehlender Umsatz oder Proof wird zum Henne-Ei-Problem.
- Der Notwendigkeit einer für die Frühphase viel differenzierten Landschaft von Finanzierungsprodukten wird aus meiner Sicht durch sinnvolle, neu aufkommende Ansätze wie das Crowdfunding, aber auch den einen oder anderen Inkubator ergänzt.
Gerade für frühe Investmentphasen werden zunehmend auch neue Investmentformen diskutiert. So treten zunehmend Plattformen für das
Crowdinvesting auf den Markt. Wie ist dieser Ansatz grundsätzlich zu bewerten und lässt sich daraus mittel- und langfristig ein solides Investmentvehikel entwickeln?
Die Entwicklung dieser Finanzierungsform ist in den USA schon eineinhalb Jahre weiter, wir befinden uns noch in der Wachstumsphase, welcher sicherlich noch eine massive thematische Ernüchterung folgt. Mittel- und langfristig entwickelt sich aus dem Crowdinvesting sicherlich noch eine für viele Unternehmenssituationen sinnvolle Finanzierungsform.
Aktuell in Deutschland wird jedoch noch mehr drüber geredet als wirklich gemacht. Im ganzen Jahr 2012 wurde etwas mehr als 4 Mio. Euro über 16 Plattformen eingesammelt. Dies floß in 43 Unternehmen; das zeigt, das sich das Thema erst für die wirklich frühe Seedphase etabliert. Dies bleibt sicher nicht so. Interessant ist, dass sich bei den Plattformen 40.000 Mitglieder angemeldet haben. Inzwischen ist die Zahl der Anbieter in Deutschland auf über 20 angewachsen, bemerkenswert dabei ist, das beim Crowdinvesting auch regionale Plattformen entstehen, wie bspw. in Berlin.
Die von den verschiedenen Plattformen angebotenen Finanzierungsprodukte sind vielfältig, teilweise nicht wirklich transparent oder auch als Basis für eine venture-based Finanzierung nicht zu Ende gedacht. Die Angebote reichen von Fremdkapital-ähnlichen Strukturen, welche ich für die Frühphase ungeeignet halte, diversen Mischformen von Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen, über mezzanine Produkte bis hin zum klassischen Eigenkapital in Form einer Aktie. Neben diesen Produkten hinaus, wird die Beteiligung dann auch über unterschiedlichste Vehikel abgebildet: Direkt, über ein Pooling oder über eine Venture-Gesellschaft.
Die aktuelle Marktsituation in diesem Thema zeigt: wir sind noch auf der Suche nach richtigem Ansatz, Produkt und Zielgruppe. Die massive Konsolidierung kommt, aber drei bis vier phasenspezifische Plattformen haben sicherlich ihre Berechtigung. Unabhängig davon wird durch diese Ansätze erreicht, daß das Thema Entrepreneurship nur gewinnen kann und breiter bekannt wird.
Crowdfunding ist aktuell eine echte Überlegung wert, man muß sich aber vorher intensiv mit der einzelnen Beteiligungsstruktur beschäftigen, dazu gehört unbedingt auch die Einholung von Referenzen, denn „Prüfe, wer sich bindet!“
Neben diesem Ansatz kommt am Markt zunehmend ein weiteres, altbekanntes Werkzeug wieder zum Vorschein: vielerorts schießen wieder die
Inkubatoren aus dem Boden. Wie sehen wir Investoren und Unternehmer die aktuellen Inkubatorenansätze?
Bei den Inkubatoren sehe ich gewisse Parallelitäten zu den Crowdfunding-Ansätzen: der Markt versucht, differenzierte Produkte für die vielfältigen Unternehmensphasen und Finanzierungsanlässe zu entwickeln. So habe ich bereits Ende der 90er Jahre die unterschiedlichsten Inkubatoren und den Hype darum erlebt, insofern betrachte ich diese Entwicklung heute sehr nüchtern. Inkubatoren sind im Grunde ein sinnvoller Ansatz, beantwortet er doch die wesentliche Frage und Herausforderung in der frühen Unternehmensentwicklung: Der Investor begleitet und entwickelt das Unternehmen äußerst eng. Im Grundsatz richtig, jedoch verbinden sich mit der Inkubatordiskussion zwei wesentliche Herausforderungen: Die meisten Inkubatoren sind immer gefährlich unterfinanziert, viele Investoren scheuen bei Folgefinanzierung ein Investment in einen Inkubator bei dem das einzelne Business oft nicht klar abgegrenzt ist, unter Umständen sogar noch die Initiatoren der Inkubatoren sogar eigene Geschäftsmodelle mit unter das Dach schlüpfen lassen. Das funktioniert nur, wenn hinter dem Inkubator wirklich ein nachweislich erfolgreicher serial entrepreneur oder ein handlungsfähiger venture fonds steht.
Entscheidendes Erfolgskriterium eines Inkubators darüber hinaus ist die klare Fokussierung auf klar definierte Themen und damit verbunden, eng eingebundene industrielle Partner. Vor diesem Hintergrund gebe ich den von strategischen Investoren und Technologiekonzernen initiierten Ansätzen inhaltlich die größten Erfolgschancen: Der Inkubator als Innovationsschmiede im Wettbewerb zum eigenen R&D.
Zusammenfassend lässt sich zum Inkubator feststellen: sinnvoll, herausfordernd, viele werden scheitern, aber nach einer Konsolidierung bleiben auch in diesem Bereich in einigen Technologiebereichen langfristig, sinnvolle Strukturen.